Finanzsenator hält haushaltsneutrale Entschädigung für möglich
Grundsätzliche Einigkeit in Fragen der Entschädigungshöhe: Ertragswertsverfahren soll als Berechnungsgrundlage dienen und Kostenschätzung des Senats ist nicht „up to date“
Berlin 08.12.2022. Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) bestätigt, dass finanzielle Transaktionen „haushaltsneutral und schuldenbremskonform“ möglich sind. Anlass für die Aussage war eine Podiumsdiskussion der Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen zur Entschädigung, die Wohnungskonzerne im Zuge einer Enteignung erhalten sollen. Wesener sprach sich zudem für das Ertragswertverfahren als Grundlage für die Berechnung der Entschädigungshöhe aus, damit eine Vergesellschaftung haushaltsneutral durchgeführt werden könne und erklärte, die Kostenschätzung des Senats sei nicht „up to date“.
Im Wortlaut sagte Wesener, dass es „Mittel und Möglichkeiten [gäbe], haushaltsneutral, schuldenbremsenkonform finanzielle Transaktionen durchzuführen, mit der eine Wertsteigerung für das Land Berlin verbunden ist, und die sich rechnet.“ Damit äußerte er sich zwar in dem Fall nicht konkret zur Entschädigungshöhe, aber „aus der Diskussion ging klar hervor, dass der Finanzsenator eine haushaltsneutrale Entschädigung der Konzerne für möglich hält, was wir sehr begrüßen“, erklärt Ralf Hoffrogge, Sprecher der Initiative.
Die Initiative begrüßt außerdem die Aussage des Senators, die Kostenschätzung des Senats aus dem Jahr 2019, bei der der Verkehrswert der Wohnungen als Berechnungsgrundlage diente, sei „nicht mehr ganz up to date“. Der Senator erklärte, dass das sogenannte „Ertragswertverfahren die beste Annäherung“ an den Entschädigungswert sei, denn er „wolle keine Haushaltsfinanzierung“ und auch die Berliner Mieter*innen sollen am Ende nicht „die Zeche zahlen“. Bei dem Ertragswertverfahren dienen die voraussichtlichen Mieteinnahmen als Grundlage für die Entschädigungssumme. Auf diese Weise könne sichergestellt werden, dass die Spekulation der Konzerne nicht vergütet werde.
Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen begrüßt diese Absage an die bisherige Kostenschätzung des Senats, die sie nicht nur als veraltet, sondern auch als methodisch falsch betrachtet: „Um die Entschädigungshöhe festzulegen, müssen wir weg von den spekulativen Zahlen der Konzernbilanzen und hin zu einer Interessensabwägung, die das Grundgesetz vorsieht. Bei dieser Abwägung müssen selbstverständlich die Interessen der Mieter*innen und das Gemeinwohl im Vordergrund stehen“, so Hoffrogge.
Hoffrogge forderte in der Diskussion mehrfach konkrete und aktuelle Entschädigungsberechnungen vom Senat, doch Daniel Wesener verwies stets auf die vom Senat eingesetzte Enteignungskommission. Susanne Heeg appelierte in diesem Kontext erneut an die Herausgabe der Grundbuchdaten:
„Mir scheint diese Kommission wie ein Fisch ohne Wasser. Denn die Kommission kommt nicht […] an die Grundbuchdaten ran. Solange das der Fall ist, kann die Kommission nicht arbeiten. Und insofern würde ich mir vom Senat […] ein deutliches Votum in diese Richtung wünschen“, erklärte Heeg auf dem Podium.
Franziska Drohsel (SPD) stellte im Rahmen der Diskussion dar, dass sie „bei Art und dem Ausmaß der Entschädigung […] auf jeden Fall politischen Spielraum“ sieht. Sie habe den Eindruck, „dass das Verfassungsrecht instrumentalisiert wird, um eine politische Diskussion totzumachen.“ Sie appelierte an die Basis der SPD, den politischen Druck insbesondere nach dem Ende der Enteignungskommission aufrecht zu erhalten.
„Damit bestätigt Franziska Drohsel, worauf wir als Initiative schon lange hinweisen: Vergesellschaftung und die Höhe der Entschädigung sind eine politische Entscheidung, keine rein juristische Frage“, so Hoffrogge abschließend.
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